Mittlerweile haben wir unseren Grand Scénic drei Wochen, da wir es Zeit, einmal die ersten Eindrücke niederzuschreiben. Insgesamt erfüllt unser Auto die vorhandenen Erwartungen. Doch im Detail:
+ Leise
+ Gutmütiges Fahrwerk mit relativ hohem Komfort
+ sparsam
+ gute Ausstattung
+ Langstreckentauglich
- adaptiver Tempomat viel zu nervös
- teilweise unlogische Bedienung
- Der Spurhalte-Assistent muss bei jedem Start erneut manuell aktiviert werden.
- Das Kurvenlicht ist so unauffällig, dass man sich fragt, warum man es hat.
- Rückfahrkamera bei Regen kaum sinnvoll zu verwenden.
Der adaptive Tempomat ist prinzipiell eine wunderbare Sache, doch scheint er mir noch nicht ganz ausgereift. So neigt er beim Fahren in einer Schlange zum Pumpen, das heißt, das Fahrzeug wird immer wieder stark abgebremst und beschleunigt, ohne dass es einen erkennbaren Grund gäbe. Schon in leichten Kurven reagiert er auf Fahrzeuge auf anderen Spuren und legt immer wieder unnötige Bremsmanöver hin. Speziell LKW, die ihre Spur gut füllen, sind kaum ohne zwischenzeitliches manuelles Gas geben zu überholen.
Bei Schalterstellung auf Tempomat, aber ohne eingestellte Geschwindigkeit wird der Abstand zum Vordermann nicht angezeigt. In allen anderen Schalter- und Nutzungskombinationen erfolgt dagegen die Anzeige.
Der Tempomat kann die erlaubte Geschwindigkeit nicht übernehmen, das beherrscht nur der Limiter. Dafür bremst der Limiter bergab das Fahrzeug nicht ab, wenn man zu schnell rollt, das macht wiederum der Tempomat.
Im Grand Scénic sitzt man auch hinten gut, wenn die Vordersitze nicht von allzu großen Personen besetzt sind. Leider sind die Kopfstützen hinten nicht ausreichend in der Höhe verstellbar, wenn die Person über 1,8m groß ist. Dann liegt die Unterkannte der Kopfstütze auf den Schultern auf oder drückt die Person nach vorne.
Das Navigationssystem beeindruckt durch seine Schnelligkeit bei der Routensuche (wenn es dabei nicht abstürzt) und durch kleinere Sprachfehler. Diese führen dazu, dass man das Navi auch benutzt, wenn man den Weg schon kennt. Die gelegentlichen Abstürze können zu kurzen Aufenthalten in Imbissbuden oder Bauhäusern führen, da man das System stromlos bekommen muss, bevor man wieder navigieren kann. Ich fahre jetzt seit 17 Jahren Autos mit Navi, aber bisher war noch keines auch nur annähernd fehlerfrei. Schade eigentlich.
Der Fernlicht-Assistent ist ein sinnvolle Feature. Leider funktioniert er nicht für LKWs auf der Autobahn (Mittelleitplanke deckt Scheinwerfer ab), bei Nebel, bei stärkeren Kurven, bei Querverkehr, in größeren Kreiseln oder bei hellen Schildern. Ansonsten erkennt er Fahrzeuge mit gutem Licht frühzeitig.
Der Spurhalte-Assistent scheint Probleme mit der Unterscheidung von gelben und weißen Linien in der Baustelle zu haben. Außerdem mag er keine besonders breiten oder schmalen Fahrspuren, bei schmalen Fahrbahnen ohne Mittelstreifen wird auch schon einmal die ganze Fahrbahn zur eigenen Fahrspur erklärt. Wenn man das Auto mehrfach gegen eine Begrenzung laufen lässt, stellt man schnell fest, dass nicht immer gegengelenkt wird. Eine genaue Ursache dafür konnte ich noch nicht eingrenzen.
Für diejenigen, die bis hier hin gelesen haben und nun denken, ich mag das Auto nicht, hier die Entwarnung. Ich und auch meine Frau mögen das Auto sehr. In der Summe zeigt es Fahreigenschaften, die unsere Erwartungen übertreffen. Es lässt sich wirklich sparsam bewegen und, wenn es darauf ankommt, beschleunigt es auch gut. Beschleunigen wird übrigens von der ECO-Fahrtauswertung als grundsätzlich sehr böse Tat eingestuft. Zum Glück auch das Bremsen.
Der 160 PS Dieselmotor verrichtet ruhig und unauffällig (im besten Sinne) seine Arbeit. Erst beim Kickdown wird er deutlich vernehmbar. Bei hohen Geschwindigkeiten sorgen die restlichen Fahrgeräusche dafür, dass er wieder leise wirkt. Das soll nicht heißen, dass es im Auto besonders laut wird. Die Geräuschkulisse bei Tempo 200 lässt durchaus eine normale Unterhaltung zu.
Das EDC-Getriebe schaltet angenehm und zügig, außer im Sport-Modus. Da haben die Ingenieure offensichtlich Wert darauf gelegt, dass es sich etwas ruppiger anfühlt, als nötig. Soll wohl den sportlichen Charakter unterstreichen. Auch werden die Gänge dann höher ausgedreht, als es wirklich sinnvoll erscheint. So schaltet der Wagen erst bei 190 in den 6. Gang. Das sind dann über 4200 Umdrehungen, ein Bereich, in dem der Diesel gefühlt schon jenseits der Maximalleistung läuft.
Das kniffligste Thema ist das Anfahren. Kriechen wurde wie bei einem Automatik implementiert, aber zügiges Anfahren läuft dann etwas anders ab. Zuerst dreht der Motor hoch und man legt keinen Meter zurück. Das löst eine kleine Schrecksekunde aus und man überlegt, ob man es noch rechtzeitig schaffen wird. Dann aber geht es zügig los. Der Sprint in einen Kreisel löst so jedes Mal ein kleines Kribbeln auf der Kopfhaut aus (ECO-Modus). Im Sport-Modus sieht die Welt schon anders aus. Leider ist es recht umständlich, für jede Kreuzung und jeden Kreisel für den schnellen Start extra den Sport-Modus zu bemühen. Ich für meinen Teil bleibe trotzdem in ECO und freue mich am niedrigen Verbrauch. Den Sprung in den Kreisel mache ich dann mit meinem Mégane
Das Schönste ist dann das Anfahren am Berg aus der Start-Stopp-Automatik heraus. Wenn man, wie ich, eine normale Handbremse gewohnt ist, ist der erste Versuch mit dem Scénic eine Erleuchtung. In der Ebene nimmt man einfach den Fuß von der Bremse und der Motor startet und sofort fängt das Auto an, zu kriechen. Am Hang startet der Motor und die Handbremse ist automatisch angezogen, so dass das Fahrzeug nicht rückwärts rollt. Gibt man dann Gas, geht die Bremse auf und das Fahrzeug rollt an, wie bei einem Profi-Start. Kein Rückrollen, kein Ruckeln.
Als alter Handschalter-Fahrer bin ich es gewohnt, den Motor als Bremse zu verwenden. Deshalb habe ich zuerst immer wieder den manuellen Modus bemüht, um von Hand runterzuschalten. Das mag im Gebirge auch sinnvoll sein, im normalen Betrieb lasse ich das jetzt. Die Bremswirkung des kleinen Motors ist so gering, dass man nur wenig Bremsbelag einsparen kann. Dafür rollt das Fahrzeug auch mit eingelegtem Gang sehr weit. Man kann also gut die kinetische Energie einsetzen, um Sprit zu sparen.
Fazit:
Die Assistenzsysteme sind wahrscheinlich Stand der Technik. Sie stellen eine Ergänzung dar, deren Wert sich noch zeigen muss. Das Fahrzeug als solches ist ein toller Langstrecken-Cruiser, den ich gerne fahre und der mich entspannt am Ziel ankommen lässt.